Wieland Freund – DREIZEHNFURCHT

Wieland Freund

DREIZEHNFURCHT

Klett-Cotta, Stuttgart, 10/23, 444 Seiten, Hardcover, ISBN 978-3-608587

Der Klappentext taugt nicht viel, daher blicken wir zunächst auf den Autor: Wieland Freund, 1969 geboren, ist ein deutscher Journalist, Literaturkritiker und Übersetzer. Bislang war er als Verfasser von Kinderbüchern bekannt; hierzu habe ich keinen Zugang. Doch wie ich so höre, reicht sein Können wohl an das eines Michael Ende heran.

Nun wendet er sich an die erwachsene Leserschaft – ich muss sagen, diese Begegnung habe ich sehr genossen und empfehle „Dreizehnfurcht“ ohne Einschränkung.

Doch worum geht es?

Der Berliner Momme Bang ist ein Zwangsneurotiker, wie er im Buche steht. Seine Meise nennt sich Tredecimphobie. Wieland Freund beschreibt die Furcht vor der Dreizehn gekonnt, humorvoll und emphatisch.

Wie viele Angstpatienten begibt sich auch Momme auf die Flucht hinein, anstatt hindurch. Dabei verliert er nach und nach seine bürgerliche Existenz. Kurz vor der Obdachlosigkeit rettet ihn ein Jobangebot der obskuren Schwanstein GmbH, auf Büttenpapier handgeschrieben.

Haus Wrota, welches er von nun an hüten soll, hat mit Neuschwanstein allerdings keinerlei Ähnlichkeit. Doch schon die Anreise vermittelt dem Leser den mythischen Charakter einer Grenzüberschreitung. Zunächst begegnet dem Helden im leer stehendene Tagungsgebäude allerdings nur 60er-Jahre-Mief. Als reichten nicht all die Rituale um 13. Stufen oder Türen, stürzt Momme Bang in die Phantasmaphobie aka Gespensterangst.

Veit Wallasch, sein Betreuer, erwischt ihn gerade noch auf dem Gelände eines wackeren Landwirtes, bevor Momme abbricht und auch diese Chance verspielt. Gutes Zureden veranlasst Bang, in der folgenden Nacht tatsächlich eine 13. Tür zu öffnen – eine welche tagsüber unsichtbar ist und durch die seine “Weiße Frau” kam. Und schon steht er mitten auf einer Bühne …

Kein Zweifel: Wieland Freund kennt sowohl seinen Dickens als auch seinen Goethe. Nicht umsonst taucht immer mal die die dickensche Schwarte des “Raritätenladens” auf. Und der sympathische Clemens vom Stein befindet sich als zweiter Erzähler durchgehend im Sturm-und-Drang-Modus der Romantik. Überhaupt halte ich den Aufbau der Protagonist*innen für äußerst gelungen.

In Dreizehneichen, dem 13. Bezirk eines aus der Zeit gefallenen Berlins werden alle Errungenschaften der Moderne abgelehnt, zu Ungunsten von Frauen und Kindern. Und wie schon der Klappentext weiß, tobt hinter der traditionalistischen Fassade ein Machtkampf, und Momme findet sich im Zentrum einer Verschwörung wieder.

Wieland Freund jedoch lebt und arbeitet in Paderborn.

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