Tad Williams
Das Reich der Grasländer 1
Der letzte König von Osten Ard 2
(Empire of Gras. The last King of Osten Ard, 2019)
Klett-Cotta, Stuttgard, 2020, Hardcover, 664 Seiten, Cornelia Holfelder-von der Tann und Wolfram Ströhle, ISBN 978-3608949544
Was in Zeichen des Hypes vielleicht nicht jeder weiß: George R.R. Martin hat die episch-heroische Fantasy nicht erfunden. >A Game of Thrones< erschien erst 1996 und wurde zu Beginn wenig beachtet. Schweigen wir auch von Tolkien, der einfach zu wenig produzierte. Reden wir von Tad Williams.
Bereits 1988 erschien mit dem >Drachenbeinthron< Band 1 zu >Memory, Sorrow and Thorn< (Das Geheimnis der Großen Schwerter). Damals war das noch ein Jugendbuch, ich geriet eher zufällig daran – wurde jedoch rettungslos angefixt.
Seitdem habe ich alles von diesem Autor verschlungen. Am glücklichsten war ich jedoch stets, sobald er in das erste seiner Universen zurückkehrte – und hierzu zähle ich auch, nicht ganz zutreffend, >Shadowmarch< (ab 2004). Denn die vollständige Heimkehr nach Osten Ard hatte ich nach verschiedenen Desastern (Tinkerfarm, Bobby Dollar) kaum noch erwartet.
2017 kam es jedoch tatsächlich hierzu. Und begann mit einer Enttäuschung: >Das Herz der verlorenen Dinge< konnte ich leider nur als langweilig empfinden. Ghu zum Lobe kam der Autor jedoch mit den Bänden 1 und 2 (im Original natürlich mal wieder nur ein Buch, und zwar >The Witchwood Crown<) besser in Fahrt.
Nun halte ich mit Buch 3 die erste Hälfte von >Empire of Grass< nicht nur in der Hand, sondern habe es innerhalb zweier Tage ausgelesen. Wie gern würde ich damit fortfahren!
Mittlerweile schälen sich Gut und Böse aus den Nebeln. Schon im Finale von >Memory, Sorrow and Thorn< wurde das Geheimnis gelüftet, wie eng Zida´ya (Sithi), Hikeda´ya (Nornen, Silberfüchse), Tinukeda´ya (Wechselwesen, darunter auch Riesen und Drachen) miteinander verwandt sind. Auch das Blut der Menschen, obwohl nicht zum mythischen Garten gehörend, fließt längst nicht mehr rein. In Nakkiga, der letzten Nornenfestung, werden Mischlinge sogar regelrecht gezüchtet, einfach, weil sie fruchtbarer sind. Die Königin braucht Soldaten!
Was Tad Williams auszeichnet, sind seine Toleranz und tiefe Menschlichkeit. Selbst wenn er einmal mit einer Hell/Dunkel-Zeichnung beginnt, so schaut er in der Folge ganz genau hin, entwickelt Nuancen. Mittlerweile hänge ich sehr an den Protagonisten, heißen sie Unver, Tsoja oder Morgan. Herrlich, wie der verwöhnte und trunksüchtige Erbe des Drachenbeinthrons nachreift, während ihm seine bisherige Welt um die Ohren fliegt. Nicht besser ergeht es Nornenkriegerin Nezeru auf ihrer Mission.
Erfreut hat mich auch des Autors fein gesponnene Schilderung eines Soziopathen … Man darf gespannt sein, wer oder was diesmal unter dem Hochhorst lauert. Die Machiavellis von Nabban mit ihren Machtspielen sind jedenfalls keine Hilfe, während einfache Frauen und Männer, Jäger, Bauern und Handwerker, um ihr Leben kämpfen.