Nils Westerbroer – ATHOS 2643

Nils Westerbroer

ATHOS 2643

Klett-Cotta Stuttgart, 02/22, 430 Seiten, Softcover

ISBN: ‎ 978-3608984941

Normalerweise würde ich hier den Klappentext zitieren. Leider Gottes ist dieser aber – wie nur zu oft – völliger Quark. Nein, die Mönche auf Athos stören sich nicht an Zack, dem vollbusigen Hologramm, handelt es sich doch sogar beim zu Tode gekommenen Vorsteher der asketischen Klostergemeinde um eine Frau. Insofern hat sich die Menschheit doch ein wenig weiter entwickelt. Auch wenn – oder gerade weil – es ihnen schon vor vielen Jahrhunderten geglückt ist, die Erde unbewohnbar zu machen.

Umso kostbarer sind ihnen die Erinnerungen. Das Athos dieses Buches liegt auf einem winzigen unwirtlichen Neptunmond. Einst sollte hier geschürft werden, doch ach – die Bodenschätze waren zu knapp gesät, als das sich der Abbau gelohnt hätte. Zurück blieb die KI und zahlreiche Skleroiden. Hierbei handelt es sich um aus menschlichen Genen gezüchtete Chimären. Als Arbeitssklaven eingesetzt, retteten sie einst die Menschheit vor dem Aussterben. Obwohl sie zur Zeit der Handlung bereits alle stillgelegt wurden, blieben sie ein Angelpunkt traumatischer Ängste. Nachdem der Neptunmond nicht als Bergwerk taugte, versucht man es dort mit Meditation, Kasteiung, Bergsteigen und einer Kunstfleisch-Fabrik.

Ich spoilere nicht, wenn ich verrate: die KI war der Mörder. Dem Inquisitor und Ermittler Rüd ist dies von vornherein klar. Aber warum hat sie das bloß getan? Und wie lässt sie sich entschärfen?

Die Schilderungen des Schauplatzes, der Aufmarsch der skurrilen Charaktere haben mich wirklich begeistert. Schwierigkeiten hatte ich allerdings immer, wenn es mit der äußerst tief schürfenden Philosophie des Autors weiterging. Nils Westerbroer entpuppt sich hier wahrlich als der Erbe Stanislaw Lems (1921-2006). Das ist gut, wirklich, auch wenn ich derlei gar nicht so gerne lese.

Lem kann schwere Kost sein. Doch seinen zahlreichen weltweiten Fans empfehle ich Athos 2643 ohne Einschränkung!

Angelika Herzog