Ann Leckie – DER RABENGOTT

Ann Leckie – DER RABENGOTT

The Raven Tower“, 2019

Klett-Cotta, Stuttgart, 16.03.2024, 360 Seiten, Hardcover,

ISBN 9783608966022

In diesem Fall ist der Klappentext zwar nicht unbrauchbar (High Fantasy KI-Standarttext?), wird jedoch keinesfalls Ann Leckies sorgsam gesponnenem Netz gerecht. Schließlich ist ihre 2015 verfasste „Imperial Radch“ Trilogie (Deutsch: Die Maschinen) ebenfalls etwas völlig anderes als tumbe Military SF. Im übrigen gehört sie zu meinen Lieblingsbüchern.

In dem nun von Klett-Cotta aufwendig in Schwarz und Gold gestaltetem Band befasst sich die 1966 geborene Autorin mit nicht weniger als dem Göttlichen. Ich-Erzähler ist ein gewaltiger Stein, der gemeinsam mit dem Planeten Erde entstand: die „Stärke und Geduld des Hügels“. Erst nachdem er die Eiszeit überstand, ohne von ihr zermahlen oder begraben zu werden, leuchtet diesem Bewusstsein die eigene Göttlichkeit so langsam ein.

Lange macht er sich so gar nichts aus den Menschen, im Gegensatz zu seiner Freundin Myriade. Diese entstand einst aus einem Komentenschauer und verkörpert sich in einem Mückenschwarm. Wer ihr opfert, wird nicht gestochen.

Leckies Erde wird von einer Vielzahl von Gottheiten bevölkert. Manche offenbaren sich den Menschen, weil ihnen Riten und Gebete Macht spenden. Aber dies korrumpiert sie auch; sie beginnen, für Nationen Partei zu ergreifen, fangen an, untereinander Kriege zu führen – und sie sterben. Lange gelingt es der „Stärke und Geduld des Hügels“, sich da ´raus zu halten. Doch dann wird er angegriffen …

Jahrtausende später erzählt uns der Gott von einen jungen, divers geschilderten Adjutanten. Eolo begleitet den Sohn des Statthalters von Iraden und ein wahres Verwirrspiel beginnt. Der sehr geneigten Leserin wurde wirklich erst auf den letzten Seiten klar, dass Gott Stein hier eine sich über Jahrtausende erstreckende Intrige angezettelt hat, um seine Freiheit zurück zu erlangen.

Dies ist kein Spoiler, weil wirklich viel geschieht. Ann Leckies Bühne ist gut gefüllt, eine Überraschung jagt die nächste. Dabei – immerhin ist der Erzähler aus purem Granit -, bleibt ihr Ton ruhig und klar – wirklich große Klasse! Ich bin seiner Erzählung mit Freude gefolgt.