Perry Rhodan und die Elektron-Saga

Wer, beim Ghu, ist eigentlich Jott Fuchs?

Hinter Jott Fuchs steht die Autorin Angelika Herzog. Geboren 1954 in Recklinghausen, absolvierte die Vielleserin dort die Lehre zur Industriekauffrau. Im Laufe langen Berufslebens entdeckte sie ihre Liebe zur fantastischen Literatur und zum orientalischen Tanz. Beide halfen ihr, durchzuhalten.

Der Verleger Michael Herzog, geboren 1978 in Recklinghausen, lebt und arbeitet in Halle/Saale. Er studierte Marketingkommunikation in Düsseldorf und arbeitete viele Jahre in einem bundesweit tätigen Energieunternehmen.

Angelika Herzog, Selma die Sterbliche und Jott Fuchs sind daheim in in der charmanten Ruhrgebietsstadt Recklinghausen. Folgerichtig spielt dieses Örtchen in der Nähe von Dortmund, ebenso wie das Waldgebiet um Haltern, seine Rolle zu Beginn, wie auch zum Ende der Saga.

Ich kann mich an keine Zeit erinnern, in der ich nicht auf Gedrucktes versessen gewesen wäre. Und so zogen mich schon in den frühen 70er Jahren die Perry-Rhodan-Heften meines Onkels magisch an. Schade, dass der Koffer mit den zerlesenen Erstausgaben irgendwann weggeworfen wurde – ihren Zauber habe ich später in den Silberbänden nie wieder gefunden. Die Eltern selbst geizten mit Büchern – und wenn, setzte es rosarote Mädchenliteratur. Langweilig!

So wurde ich zum SF-Fan und bin es noch heute, gemeinsam mit meinem Sohn. Beide lieben wir das Fandom und besuchen Cons, wann immer wir können. Seit 1990 liefere ich regelmäßig Beiträge für Fanpublikationen und für die Andromeda-Nachrichten.

*

Die Elektron-Saga brauchte ihre Zeit, um zu reifen. Um 1998 befolgte ich nämlich den „guten“ Ratschlag von Klaus N. Frick und gab das Schreiben erst einmal auf. Ich konzentrierte mich auf meine Karriere bei der „Ruhrkohle AG“ und packte die Manuskripte in den Keller – wo sie, irgendwann um seinen 30. Geburtstag, einem Computernerd und Multi-Media-Nutzer in die Hände fielen. Sohn Michael überredete mich, das Projekt mit den Mitteln der heutigen Zeit noch einmal anzugehen.

Hätte ich geahnt, was da alles auf mich zukam, wäre ich wohl lieber gerannt … Denn nun musste ich endlich zur Erzählerin werden. Und all die Freunde und Unterstützer sparten nicht mit Kritik. Im zähen Ringen der folgenden Jahre überlebten von der Ur-Version nicht mehr als zwei, drei Szenen.

Erst 2014 ging es voran. Just, als ich mit mit dem 4. Band („Landnahme“) die Story beendete und veröffentlichte, kam Corona. Am 06.01.2020 starb daran mein lieber Ehemann, in der ersten Welle von Opfern. 49 Jahre hatten wir harmonisch verbracht, vieles aufgebaut. Damit begann eine Bewährungsprobe, die mir alles abverlangte. Erst im Herbst 2022 hatte ich soweit überlebt, wieder mit dem Schreiben beginnen zu können.

Perry Rhodan und die Elektron-Saga – keine Ahnung?

Dann erläutere ich am Besten erst einmal, warum sie überhaupt so heißt. „Elektron“ bedeutet im Altgriechischen eigentlich Bernstein. Nur weil dieser Stoff über magnetische Eigenschaften verfügt, kam es später zu all diesen Ableitungen in Richtung „elektrisch“. Übersetzt in das Cendrakische, Hochsprache der Ersten Menschheit, wird daraus: Hyagansis. Vera, meine Protagonistin und ihre nicht minder leidgeprüften Kollegen übersetzten sich dies schlicht und einfach – in Elektron. Tatsächlich dreht dieser geheimnisvolle, einst tief in gelbe Sonnen plazierte Gegenstand wahrlich Pirouetten – fast seit ewigen Zeiten.

Bei der Elektron-Saga handelt es sich um SF/Fantasy, versehen mit einer guten Portion Galgenhumor. Ich liebe nun einmal die alten Kelten und verehre Terry Pratchett.

Die Form folgt der epischen „Reise der Heldin“ über vier Bände bis zum Finale. Weil es wirklich nicht immer Amerika sein muss (so denkt auch mein Antagonist, der Cendraker Again) beginnt sie im Ruhrgebiet unserer Tage, führt zu fernen Planeten. Ohne Spoilergefahr kann verraten werden, dass sie dennoch auf Terra endet – in einem inzwischen durch den Klimawandel veränderten Europa.

Gerade im ersten Band arbeite ich hauptsächlich mit den Bildern der SF. Die Maschinenstadt Cendraka, zum Beispiel, wurde ganz sicherlich durch ein Abenteuer der frühen Rhodan-Mannschaft inspiriert. Und obwohl ich die Mutanten-Geschichten nie mochte, weist der eine oder andere meiner Helden eine Sonderbegabung auf. Außerdem geht es durchaus um die Tücken eines allzu langen Lebens.

Um mehr zu erfahren, besucht mich in dem von mir erdachten Universum. Doch Vorsicht: der Wintergarten wird von humanoiden Spezies regiert. Und der Mensch ist des Menschen Feind, seit jeher.

Eine kleine Kostprobe, ich beginne auf Seite 141.

Hinter der Tür begann die nächste Flurodyssee. An ihrem Ende erwartete uns ein Zimmer, dessen vierte Wand blau leuchtete. Obokreyushano ermunterte uns, hindurch zu treten. Dies brachte uns alle zu einer Landefläche unter freiem Himmel – einem gelblichen Himmel, in dessen Zenit eine bläulich-violette Sonne stand.

Sand in allen Blautönen funkelte und knirschte unter unseren nackten Füßen. Instinktiv kniff ich die Augen zusammen, griff mir ins Gesicht. Als gäbe es da eine Brille, die man absetzen könne. Das ungewohnte Farbspektrum machte mir zu schaffen … Fast wäre mir übel geworden … Noch bevor ich mich an das seltsame Licht gewöhnt hatte, schälte sich aus den vor meinen Augen tanzenden Spiralen ein Raumschiff heraus, tropfenförmig, doch von der Größe zweier Omnibusse.

„Science-Fiction“, murmelte Chaim.

*

Der Platz des Piloten entpuppte sich als der drehbare in der Kreisanordnung von sieben baugleichen Sitzgelegenheiten. Die Polsterung mit schwarzem, abwaschbarem Material schien mir Leuten angemessen, die gerne nackt herum rannten. Auch der schmutzabweisend braune Bodenbelag war sicherlich kein Fehler. Immerhin hatte ich shhikta´s Dialog mit der Dame Shirweien entnommen, dass es im Rest der Galaxis offensichtlich durchaus üblich war, sich zu bekleiden.

Die Tatsache erleichterte mich – und doch fand ich es äußerst schwierig, mir andere Menschenwelten vorzustellen, irgendwo dort draußen. Ein Hawaiianer zu meiner Rechten und eine Chinesin zur Linken erfüllten mein Bedürfnis nach Exotik völlig, ganz zu schweigen von unseren dunkelhäutigen Herren, danke auch. Alle Sinne geschärft, vibrierte mein Körper unter einer durch nichts zu unterdrückenden Spannung – als warte er immer noch auf eine Möglichkeit zur Flucht. Mein Verstand hatte allerdings längst resigniert.

Der Mann Obokreuyushano machte sich an Schaltelementen zu schaffen – Skalen und Tastfelder aus Plexiglas, soweit ich es erkennen konnte – dämmte dann die grelle Beleuchtung. Zumindest hier drinnen waren keine Startgeräusche zu hören. Ein flaues Gefühl in der Magengrube verriet mir, dass wir uns vom Boden lösten. Kaum für unsere Ohren bestimmt, weil sehr gedämpft, äußerte shhikta seine Befriedigung darüber, dass er nun endlich auch einmal an der Reihe war, diese Kiste zu fliegen. „Ist uns teuer genug zu stehen gekommen.“

Ein Bullauge – nein, eher ein runder Bildschirm – an der Decke fesselte meine Aufmerksamkeit. Zunächst war hier nur gelber Himmel zu erkennen, geschichtete Wolken über uns. Eine Drehung zeigte für Minutenfrist das Darunter: eine Stadt, überraschend klein. Gleichförmige Plattenbauten umgaben einen bizarren, in Schattierungen von Dunkelgrau bis Weiß schimmernden Komplex. Leicht, dort das Labyrinth aus Gängen und Sälen zu vermuten, welches wir gerade erst verlassen hatten. Der Raumhafen, von dem aus wir gestartet waren, lag weit außerhalb, nahezu an der Meeresküste. Offensichtlich hatten wir mit dem einen Schritt durch die blaue Wand viele Kilometer zurückgelegt – dies verstand man also unter Transmitter.

Kurz nach der Erkenntnis, dass die Stadt eine Insel war, verloren in der Wüste, verschluckte uns die Troposphäre. Freie Sicht gab es erst wieder im Orbit: vor einem Hintergrund wie aus paillettenbesticktem Samt schwebte hoheitsvoll ein Saphir aus dem Bild, in Violetttönen chargierend. Sichtlich bewegt murmelte der Mann etwas wie: „Sarn … unser ganz persönliches Wunder!“

Ich war wenig beeindruckt. Wenn ich recht gesehen hatte, war der Planet eine Wasserwelt mit nur einem Kontinent, der nicht einmal sonderlich groß erschien.

Chaim lehnte sich vor. „Die verarschen uns hier!“, raunte er mir in seinem dialektgefärbtem Amerikanisch zu. Ich bat ihn, in die Hochsprache zu wechseln.

Ein blauer Stern kann gar keinen Trabanten haben“, fuhr er fort. „Das hier … ist alles nicht echt. Irgendein Drogentrip. Eine Million Jahre reichen hinten und vorne nicht, damit ein Planet eine Atmosphäre herausbildet, von Lebensformen ganz zu schweigen. Und länger existieren blaue Sonnen nicht!“

Damit hatten wir Obokreyushanos Aufmerksamkeit. Diesmal war sein Blick bar jeder mitmenschlichen Wärme.

Hervorragend“, schnappte er aufgebracht. „Der nächste lausige log mit Galaktikerwissen. Heute ist dein Glückstag, Chaim. Weil ich den Aufwand scheue, zur Basis zurückzukehren, um dich terminieren zu lassen. Nur um wohl möglich dann an den nächsten Schlaumeier“, – er benutzte tatsächlich die deutsche Vokabel, „zu geraten. Meine von den Ahnen verfluchten Parlamentskollegen zweifeln nämlich unsere medizinischen Gutachten an und bestehen darauf, drei Pärchen von euch persönlich zu untersuchen. Kann ich das riskieren oder habe ich Helden an Bord?“

Jeder von uns beteuerte, dies sei nicht der Fall. Der Stadtbewohner blickte noch einmal in die Runde, fuhr dann fort.

Die Lösung ist recht einfach. Alles, was ihr wisst, wisst ihr von mir. Oder einem anderen Don. Diese Sätze müsst ihr euch einprägen: Unser Fürsorger zeigte uns die Wunder der Galaxis. Unser Fürsorger erklärte uns die Rätsel des Weltraums.“

Gehorsam leierten wir nach: „Unser Fürsorger …“

Obokreuyushano, der Erste, wie ich nun wusste, jener eigenartigen Stadt, grinste.

Schön. Bleibt bei dieser Version und es geht uns allen gut.“

Sam, äußerst blass im Gesicht, erhob zögernd seinen Finger – eine Geste, die shhikta offensichtlich nicht kannte. Doch da der log nicht damit aufhörte, auf dem Sitz hin und her zu rutschen, knurrte er irgendwann: „Was?“

Der Schreck von vorhin ist mir auf die Blase geschlagen, Don“, murmelte er verlegen. „Darf ich auf die Toilette?“

Obokreuyushano schoss fast senkrecht in die Höhe. Donnerte: „Blödsinn!“

Schon breitete sich Nässe auf Sams Schoß aus. Dieser Fakt widerlegte die These des Stadtbewohners, noch bevor sie gänzlich erläutert war: dass nämlich so kurz nach dem Erwachen alle unsere Körperflüssigkeiten noch völlig im Gleichgewicht sein müssten.

Das dunkle, attraktive Gesicht verzog sich vor Ekel. „Steh auf und wisch das weg … meinetwegen mit dem Ärmel. Dieser Stoff wurde von Uspud aus importiert … anstatt weitere Häuser zu errichten. Was für Krüppel ihr doch alle seid … Wir Stadtbewohner erleichtern uns nie … haben es nicht nötig, Feststoffe zu uns zu nehmen … Alkovenschlaf hält uns im Gleichgewicht. Offensichtlich lässt sich diese Fähigkeit nicht lernen. Ja, dieses von den Ahnen verfluchte Raumschiff verfügt über eine Toilette. Weil eure reine Gegenwart uns verweichlicht, selbst aus meinen Leuten Bedürftige macht. Zweite Tür rechts neben der Kryokammer.“

Was für ein Gedränge. Ich erreichte das Ziel als erste.

Du bleibst hier, Sam“, verwarnte ihn der Herr. „Stehst den Rest des Fluges. Damit das Malheur trocknet.“

Der Kollege nickte beschämt.

*

Höchst beschaulich trudelten wir durch die Galaxis. Nach dem letzten Rüffel war niemanden mehr danach, sich nach der Antriebsquelle des Raumschiffs zu erkundigen. Nichts darüber zu wissen, störte mich kaum: weder Mathematik noch Physik gehörten einst zu meinen Lieblingsfächern. Andererseits hätte ich gerne eine Uhr konsultiert. Gefühlte Stunde um Stunde sah ich der blauen Sonne beim Schrumpfen zu, während Nachbarsterne optisch wuchsen. Sam stand sich buchstäblich die Beine in den Allerwertesten, das Gesicht zunächst von Verlegenheit gezeichnet, später von Rückenschmerzen.

Endlich drehte der Cendraker seinen Sessel zum Pilotenpult, widmete den Anzeigen größere Aufmerksamkeit. Wobei er, zu meiner Erheiterung, die Zungenspitze herausstreckte. Einmal trat er auch unter den Bildschirm. Zoll um Zoll menschlich, maß er einen Sternenhaufen mit den Händen aus. Dabei murmelte er Unverständliches vor sich hin, offensichtlich in Versform. Seine Laune jedenfalls besserte sich gewaltig. Er tätschelte Kelolos Wangen und kraulte Bella unter dem Kinn. „Oh ja, ihr Süßen, gleich sind wir am Tor.“

Plötzlich zeigte der Bildschirm eine Kugel aus schwarzem Licht. Sie öffnete sich explosionsartig. Das Schiff geriet ins Trudeln. Sam konnte sich nur mit knapper Not am Rückenteil seines Sessels abfangen. Schon wurden wir verschlungen. Von einer Sekunde zur anderen flutete stumpfe Schwärze die Kabine, Augen und Ohren versagten. Dann wurde es wieder hell.

Auf dem Deckenfenster irreale Szenen; wir stöhnten auf. Offensichtlich durchsegelte unser Flugkörper ein Meer aus Nebelschwaden in allen Farben des Regenbogens. Strebte einem hell leuchtenden Ball entgegen, um den ein festes, scheinbar metallisches Band lag, wie ich erkannte, als wir uns näherten. Mehrere Dutzend Raumschiffe unterschiedlichster Bauart lagen dort angedockt.

Chaim konnte nicht länger an sich halten: „War das ein Wurmloch, shhikta?“ fragte er gepresst.

„Was immer du glaubst“, erklärte unser Pilot frohgemut. „Eines jedoch mit Sicherheit: der Korridor zum Parlament der Welten. Wirst kaum eine zweite sehen, log, aber jede dieser Sternenstraßen hat ihr eigenes Muster. Meine Ahnen erkunden und überliefern sie seit Jahrmillionen.“

Chaim schüttelte verständnislos den Kopf. Mich aber packte in diesem Moment das Heimweh, mit aller Macht. Gesetzt den Fall, auch die Erde besaß so einen Korridor, würde ich zu ihr zurückfinden, irgendwie. „Der Weg ist das Ziel“, flüsterte ich vor mich hin.

Dann legten wir an. Verließen das Schiff, ohne eine andere Menschenseele zu Gesicht zu bekommen und betraten nackten Fußes das nächste Labyrinth aus Gängen.

Damit der Ausflug nicht zu lang wird, springe ich auf Seite 157.

An den Stuhl gekettet, blieb mir nur über den Tisch hinweg das Geschehen auf dem in der Kantinenwand integrierten überdimensionierten Fernseher zu verfolgen. Meine Güte – hatte ich mich jemals für Parlamentsdebatten interessiert? Hinzu kam, dass die Realitäten der Galaxis völlig hinter den Vorstellungen diverser Hollywood-Regisseure zurückblieben. Der auf dem Bildschirm eingeblendete Saal sah nicht nur klein aus, sondern schien in jeder Hinsicht unspektakulär: ein Goldfischglas, von innen betrachtet, schwarz gestrichen. Auf dem von rosafarbenen Stoppeln bewachsenen Rund standen gerade einmal fünfzig ergonomische Sessel in Doppelformation auf Lücke gruppiert. Dort flegelte sich auch mein Meister und gähnte. Fast erwartete ich ein Winken.

Außen- und Innenkreis rotierten langsam um ein Rednerpult, über dem das Unendlichkeitszeichen schwebte. Der verrückte Professor in Grün sonderte dort gerade Weisheiten ab.

„Es bestehen aus medizinischer Sicht keinerlei Einwände dagegen, dem verspäteten Fürsorgeantrag Cendrakas über die Welt Terra zuzustimmen“, verstand ich zu meinem Entsetzen. „Die während der letzten Debatte vom dortigen Inneren Haus vorgelegten Daten erwiesen sich als stimmig bis ins Detail. Die Bewohner gehören zu einem rückständigen, für einen Zeitraum von mindestens zehntausend dortigen Umläufen von Rest der Galaxis isolierten Zweig der Menschheit. Alle sechs Versuchspersonen wiesen spontan mutierte DNS auf. Unter diesem Aspekt ist es nicht unrealistisch anzunehmen, dass auf dem Planeten tatsächlich nur vier Blutgruppen vorkommen. Wir müssen davon ausgehen, dass die Bevölkerung recht eng miteinander verwandt ist. Jede Möglichkeit eines raschen Aufstiegs zu Galaktikern ist deshalb kategorisch auszuschließen. Danke für die Aufmerksamkeit.“

Abgang des Kittelgnoms. Dafür erhob sich nun eine schillernde Gestalt aus einem der äußeren Sessel, strebte dem Pult zu.

„Der Abgeordnete von Gmtxt, Seine Majestät König Seikr XX.“, tönte eine seltsam leblose Stimme aus dem Off.

Gmtxt – ein ausgesprochen blöder Planetenname. Die ganze Figur schien mir dem Mittelalter entsprungen zu sein, was vermutlich an den bodenlangen Brokatroben lag. Ansonsten war er ein junger Mann, der nicht übel aussah. Klobige Diamantringe protzten an seinen Fingern.

Als er das Wort ergriff, erwies sich sein Dialekt als kaum verständlich. Rhetorisch konnte er leider auch nicht überzeugen. So mancher in der Kantine begann, mit den Tischgenossen zu quatschen.

„… ist Uns zu Ohren gekommen, dass dieses Terra keinem Hyagansis unterliegt.“

Ich verstand nur Bahnhof. Beugte mich, so gut es ging, zum Pärchen am Nebentisch und fragte höflich, was man sich unter einem Hyadingens vorzustellen habe. Der Mann ignorierte mich, die Dame kicherte. „Es stimmt, ihr seid ziemlich blöd…“

„Aber lernfähig“, fauchte ich. „Soviel habe ich nun wirklich kapiert, dass man uns unter Fürsorge stellt, damit wir unser Wissen erweitern.“

Zu meiner Verblüffung schwang sich der unmögliche Kerl mit der blauen Haut an meinen Tisch. „Hast völlig recht, Mädchen. Pass mal auf.“

Er nahm zwei Suppentassen vom Tablett. „Das sind jetzt mal zwei Sonnen… Ich hoffe, du weißt zumindest, dass alle Planeten eures System unaufhörlich darum kreisen?“

„Nö“, hätte ich am liebsten gesagt. „Komme von der Scheibe.“ Doch ich beherrschte mich und nickte, lieblich lächelnd.

„Gut, dann ist die hier jetzt meine – Uluberek – und die hier… “

„Sol“, antwortete ich.

„Sol, die kein Hyagansis trägt. Deshalb konntet ihr keine Technik erwickeln, genau wie die armen Typen von Gmtxt, denen jetzt offensichtlich der Arsch auf Grundeis geht, ob man sie nicht auch unter Fürsorge stellt.“

„Und, wird man?“

„Ach was“, lachte der Mann von Uspud. „Sind doch längst logges der Tiar, ohne es zu ahnen. Gmtxt war Sträflingsplanet des toten ollen Imperiums. Keiner weiß, was er im Parlament zu suchen hat… heißt bei uns nur die Diebeswelt. Die Gem können ihn nicht verlassen, bis auf ihren König. Guck ihn dir an, wie er dasteht und sich als Galaktiker bläht. Wenn das keine Lachnummer ist!“

Tiar, Herr?“ Ich mühte mich, die Quelle weiter anzuzapfen.

Klar, log. Weise und gütige Aliens, das sind sie. Die galaktische Menschheit verdankt ihnen alles, nicht zuletzt dieses Parlament. Schau mal, dein shhikta spricht dort gerade mit einem.“

Für meine Augen wurde mein Meister dort auf dem Bildschirm gerade von einem Gespenst heimgesucht: ein konischer Nebelschwaden, der das Rednerpult weit überragte. Sein Wabern schien hin und wieder im oberen Drittel ein menschliches Gesicht nachzuahmen. Und das war zornig…

Oha“, meinte Uspud. „Kleine Unstimmigkeit, eh? Möchte nicht in seiner Haut stecken.“

Der Mann vom Nebentisch mischte sich ein. „Irgendetwas ist an dieser ganzen Chose faul. Ich meine… man kann ja Welten, die keinem Hyagansis unterliegen, durchaus entdecken, mit viel Glück. Aber zurückkehren, um sich damit zu brüsten?“

Zurückkehren, um sie klammheimlich auszubeuten, wolltest du wohl sagen“, berichtigte die dazugehörige Dame.

„Richtig“, Uspud kratzte sich an der Stirn. „Jetzt, wo Sie das sagen… schon komisch.“

Auf dem Bildschirm schwebte eine halbe Armee der grässlichen Tiar ein, stellte sich hinter der letzten Stuhlreihe in Positur. shikktas Widersacher ließ von ihm ab und materialisierte sich inmitten des Rednerpults, das seinen Dunst nicht völlig fasste. Dort erklärte er mit honigtriefender Stimme, wie sehr seine Nation davon enttäuscht wäre, weil es „Cendraka, welches wir immer nur gefördert haben“ dermaßen an Vertrauen mangele. Das verehrte Parlament möge einmal darüber nachdenken, warum die Sternenroute zum Planeten Terra nicht überliefert worden sei.

„Wir wissen, dass jenes System in der Vergangenheit schädlichen Einflüssen unterlag. Weder als gleichberechtigt noch unter Fürsorge sollte es in die Zivilisation des Wintergartens integriert werden. Je eher es wieder dem Vergessen anheim fällt, desto besser. Sollte Cendraka unserem Ratschlag folgen, darf es mit großzügigen Entschädigungen rechnen. Im Übrigen zählen wir auf den gesunden Menschenverstand der übrigen Abgeordneten. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.“

Sämtliche Tiar verschwanden auf einen Schlag und ließen das Parlament für den Moment paralysiert zurück. Kurze Zeit später setzten sowohl dort als auch hier in der Kantine erregte Diskussionen ein.

„Das haben sie doch noch nie gemacht!“

„Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen… unsere inneren Angelegenheiten.“

„Soweit kommt es noch… stellt den Status der gesamten galaktischen Menschheit in Frage…“

„Wir lassen uns doch nicht von Aliens verdummen!“

Einfach nur verblüfft, sah ich der Aufregung um mich herum und auf dem Bildschirm zu. Dort schritt man nun offensichtlich zur Abstimmung. Vom Wahlgeheimnis hatten sie allerdings noch nichts gehört, wurde jedes Votum doch direkt auf dem Bildschirm eingeblendet.

„Ha, Gmtxt fürs Vergessen… von denen ist wirklich nix anderes zu erwarten. Alienknechte!“

Der Wintergarten – welch poetisches Bild doch die buchstabengetreue Übersetzung aus der Hochsprache für Galaxis ergab. Die Repräsentanten der Machtblöcke brauchten nicht lange, um sich zu entscheiden. Nur zehn Welten folgten dem Ratschlag der Tiar. Keine einzige sprach sich für die Gleichberechtigung Terras aus. Plötzlich erschienen mir die Fesseln, die meine Fußknöchel umspannten, ein gutes Stück enger zu werden.

Soweit, so gut – hoffe ich zumindest

Wie bereits erwähnt, sind alle vier Teile erschienen und im Handel erhältlich.

Gerade eben Teil 1: Aufstieg (Book on demand), Preis TB 18,99, € – neu lektoriert von Sabine Seyfahrt

Nahtlos daran an schließen sich

Teil 2: Interregnum (bei amazon und Book on demand), Preis TB 13,90, €

E-Book 4,11 €,

Teil 3: Feuerschmiede (bei amazon) Preis TB 13,90 €,

E-Book 4,11 €,

Finale, Teil 4: Landnahme (2017, 12,81 €/ 3,91) bei amazon erhältlich

Auch die Folgebände werden demnächst als Book on demand in neuer Gestaltung aufgelegt.

Momentan schreibt die Autorin an einem Sequel. „Verlust“ spielt ca. 1000 Jahre nach der Elektron-Saga, und zwar auf der einstigen Diebeswelt Gmtxt. Mittlerweile wurde sie zum Sitz des Galaktischen Parlamentes und nennt sich Laverna.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

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