Oliver Plaschka: Der Wächter der Winde

 

Oliver Plaschka

Der Wächter der Winde

Klett-Cotta, Stuttgart

08/2019, 365 Seiten, Hardcover,

ISBN-13: 978-3608962437

Wie meinte Cole Porter in seinem Musical >> Kiss me, Kate<< noch so treffend? >>Schlag‘ nach bei Shakespeare, bei dem steht was drin! Kommst du mit Shakespeare, sind die … (Leser) gleich ganz hin … <<

Leider aber hat dies in meinem Fall nicht funktioniert. Oliver Plaschkas Neuinterpretation ist nicht schlecht, doch sie ist auch nicht gut … Sie ist nett, so ein unausgegorenes Zeitreiseding mit Windenergie und bösen Amis. Die Hälfte der Verwicklungen interessierten eher am Rande, das Ende stand fest. Ab der Mitte quälte ich mich regelrecht, weiter zu lesen. Nicht zuletzt Figuren wie der billig-blöde Gauner Rince (Entenpomade) schlugen mir zunehmend auf den Magen. M.E. versteht der Autor auch von Frauen nichts. Kurz, es fällt mir schwer, überhaupt etwas darüber zu schreiben. Von daher bleibe ich beim Original (und danke wikipedia für die zahlreichen Anregungen).


William Shakespeare, 1564-1616, verfasste im Laufe seines Lebens ca. 38 Dramen oder epische Versdichtungen. >>Der Sturm<< (engl. The Tempest) wurde vermutlich im Laufe des Jahres 1611 als wahrscheinlich letztes vollständiges Werk fertiggestellt gestellt. Die Handlung umfasst das Schicksal Prosperos und seiner Tochter. Dieser wurde als Herzog von Mailand von seinem Bruder vertrieben, ist auf eine Insel geflüchtet, überwindet mittels Magie seine dort gestrandeten Feinde und kehrt, nachdem seine Ehre wiederhergestellt worden ist, in seine Heimat zurück.

Shakespeare nutzt hier eine Reihe damals gängiger Romanzenmotive oder Komödienelemente wie Sturm und Schiffbruch, Herkunftsrätsel, Zauberei und Magie, Trennung und Wiedervereinigung von Liebenden, überraschende Zufälle und schließliche Lösung der Konflikte durch Versöhnung und Vergebung oder Gnade. Auch die Nebenhandlung und der entrückte pastorale Schauplatz der abgelegenen Insel als einer Szenerie, in der jenseits der höfischen oder städtischen Alltagswelt in einer verklärten Umgebung das Gute realisiert werden konnte, gehört zu den verbreiteten Bestandteilen dieser im elisabethanischen Theater sich zunehmend ausprägenden Mischgattung der dramatischen Romanze, in der verschiedene volkstümliche und literarische sowie narrative und dramatische Strömungen zusammenfließen.

Oliver Plaschka benutzt Shakespeare – doch es wurde bereits vor 410 Jahren abgeschrieben.

Zu nennen sind hier die >>Bermuda Pamphlets<<. Entlehnungen aus diesen Berichten finden sich im Stück beispielsweise in dem >>St. Elmo’s Fire>>, mit dem Ariel in Szene 1.2.197-204 das von ihm hervorgerufene stürmische Unwetter ausschmückt. Dem entspricht die wundersame Rettung der Insassen der >>Sea-Adventure<< durch nach damaligem Glauben göttliche Vorhersehung (Providence). Verschiedene Entsprechungen oder Übereinstimmungen belegen mit relativ großer Sicherheit, dass Shakespeare hiervon Kenntnis hatte.

Weitere Inspirationen für >>The Tempest<< konnte Shakespeare darüber hinaus in den Essais von Michel de Montaigne, vor allem in dessen >>Essay Of Cannibals<<, finden. Diese Schriften Montaignes lagen ab 1603 in der englischen Übersetzung des Sprachlehrers und Gelehrten John Florio vor, mit dem Shakespeare möglicherweise enger befreundet war. So folgt etwa Gonzalos überschwängliche Lobpreisung der Utopie eines gewaltfreien Gemeinwesens durch die Rückkehr zu einem vorgesellschaftlichen Naturzustand ohne Herrschaftsstrukturen, in dem die Menschen glücklich ohne Zwietracht oder Animositäten im Einklang mit sich und der Natur leben, unmittelbar nach seinem Überleben eines Schiffsbruches vor der spöttelnden Hofgesellschaft in der ersten Szene des zweiten Aktes (2.1.155-160) stellenweise wortgetreu Montaignes Essay.

Prosperos viel gerühmte Abschwörung seiner magischen Zauberkunst in >>The Tempest<< (5.1.33-57) geht im Wortlaut in nahezu unveränderter Form zurück auf die Übertragung einer Rede der Zauberin Medea aus Ovids Metamorphosen ins Englische durch Arthur Golding(7.265-77), dessen Übersetzung der Metamorphosen zuvor in den Jahren 1565 bis 1567 in Druckform veröffentlicht worden war.

Shakespeare konnte sich das leisten. Plaschka, wie ich finde, nicht. Ich hoffe, er verschont uns von weiteren Nacherzählungen und lässt sich etwas Eigenes oder zumindest Originelles einfallen.

Quelle Angelica Kauffmann