Nigel Barley – Auf den Spuren von Mr. Spock
Nigel Barley arbeitete von 1981 bis 2003 als Kustos am British Museum in London. Viele seiner Bücher wurden ins Deutsche übersetzt – eine Entscheidung, die ich ohne Abstriche begrüße. Habe ich überhaupt schon einmal dermaßen schnurrige wie kundige Reiseberichte gelesen? Ich glaube kaum. Tatsächlich würde ich Nigel Barley am liebsten gleich seitenweise zitiere. Statt dessen beschränke ich mich auf folgende Aussage aus dem letzten Kapitel: „Die Ethnologie vernachlässigt in starkem Maße das Individuum zu Gunsten von Verallgemeinerungen. Verallgemeinerungen greifen im Dienste einer höheren Wahrheit immer ein bisschen zur Lüge.“
Und so ist es zumindest eine Übertreibung, wenn nicht gleich Flunkerei eines Kollegen, welche Nigel Barley in den 90er Jahren veranlasst, zur Feldforschung (in meinen Worten zusammen gefasst: Ehe kaputt? Karriere versandet? Zieh los und forsch´ ein bisschen…) nach Indonesien (Zitat: Warum gehen Sie nicht dorthin, wo die Bewohner schön und freundlich sind, usw.?) aufzubrechen. Dieser hatte jedoch eindeutig zu viel „Star Trek“ konsumiert. Denn, wie Nigel Barley nach einer ganzen Reihe von Strapazen entdecken musste, wird das eingeborene und heidnische Volk der Toraja keinesfalls von Spock-Ohren geziert. Trotzdem entpuppte sich die Begegnung mit Johannis als der Beginn einer „wunderbaren Freundschaft“.
Wenige Jahre später erfolgte der Gegenbesuch: „Assistent“ Johannis, „Schamane“ Nenek, Tanduk (ein korpulenter und umgänglicher Christ) und der „leicht aufbrausende Christ Mitte dreißig“ Karre, genannt „Büffel“, ziehen in Nigel Barleys Londoner Wohnung ein, um an seinem Arbeitsplatz (British Museum) für ihn eine reich beschnitzte Reisscheune aufzubauen. Diese fällt sogar ein gutes Stück traditioneller aus, als mittlerweile an den Originalstandplätzen möglich.
Sowohl die Berichte von Barleys Reisen wie auch dieses aufwendigen Bauvorhabens bieten ganz wunderbare Beispiele für Toleranz, Weltoffenheit und Humor. Ich habe sie sehr gerne gelesen.