Bruce Chatwin und die Elektron-Saga: Der Fürst der Finsternis reloaded

LichtblickIrgendwann um 1990 geriet euer Jott Fuchs an das Buch „Traumpfade“ des britischen Autors Bruce Chatwin (1940 – 1989) und wurde davon tief bewegt. Damals bereits machte er sich ein paar Notizen, welche bei zwei Gelegenheiten fanzine-mäßig verwertet wurden. Da diese aber leider ziemlich kryptischer Natur waren, hat sie vermutlich kaum jemand kapiert. Zugegeben: Jott Fuchs begann nicht als Kommunikationstalent. Und so nutzten seine tiefen Gedanken weder ihm noch irgendjemand… was sich nach der Veröffentlichung der Elektron-Saga hoffentlich ändern wird.

Da sich Jott Fuchs 2015 naturgemäß bis auf jenen in der Tiefe seiner Festplatte verbuddelten Zettel kaum noch an das Werk erinnert, greift er nun auf die Rezi von Wikipedia zurück: „Der Roman Traumpfade ist teilweise autobiografisch und beschreibt die Reise des Protagonisten „Bruce“ durch das Innere Australiens. Während dieser Reise lernt er den russischen Einwanderer Arkady Wolschok kennen. Aus dieser Begegnung entsteht eine enge Männerfreundschaft. Wolschok, der als Aussteiger den Zielen der zivilisierten Gesellschaft entsagt hat, kämpft gegen das Verdrängen und das Aussterben der Kultur der australischen Urbevölkerung, der Aborigines.

Zentrales Thema sind die Songlines der Aborigines, eine unsichtbare, mythische Landkarte Australiens, die per Gesang von Generation zu Generation weitergetragen wird und Grundlage der Wanderungen (Walkabouts) der Urbevölkerung ist. Die Aborigine-Gründungsmythen über die Traumzeit sind demzufolge eine detaillierte Beschreibung des Landes; sie werden von den Aborigines in Form von Liedern erlernt und bewahrt, so dass jeder Aborigine-Clan in den überlieferten Liedern eine detaillierte Karte des Landes und seiner Mythen mit sich trägt. Diese Landkarte wird von der heutigen Zivilisation durch Baumaßnahmen verändert, so dass die kulturellen Wurzeln der Urbevölkerung zerstört werden und verlorengehen.

Das letzte Drittel des Romans besteht fast ausschließlich aus kurzen Notizen, Zitaten und Beobachtungen, die der Ich-Erzähler Bruce im Laufe seiner Reisen gesammelt hat. In diesen treibt Chatwin seine These über Nomadentum und Ursprünge der Menschheit voran: der Mensch, so seine Überzeugung, ist zu nomadischer Lebensweise geboren; Kriege und exzessive Gewalt in Gemeinschaften entstehen erst dort, wo Menschen sesshaft werden und Eigentumsansprüche entwickeln.“

Offensichtlich entwickelte Jott Fuchs damals einen anderen Blick auf das Werk. Ihm ging es um die alte Frage, ob das absolut Böse oder das albsolut Gute überhaupt existieren. Mittlerweile würde er diese Frage absolut verneinen – absolut.

037Im Notizenanhang trug Bruce Chatwin hierzu interessante Fakten zusammen, die sich der damalige Leser wie folgt notierte:

Die Geschichte der Evolution ist eine Geschichte des Wettrüstens zwischen Räuber und Beute, da die natürliche Auslese der Beute mit den besten Verteidigungsmechanismen und dem Räuber mit den besten Mordwerkzeugen den Vorzug gibt.

“The Hunters or the hunted?” Buch v. Bob Brain, Direktor des Transvaal-Museum in Pretoria.

In den folgenden Zeilen verstecken sich die von seiner ersten Assistentin, Dr. Elisabeth Vrba (Paläontologin) erläuterten Theorien. Jott Fuchs ergänzt sie durch eigene Reminiszenzen:

Erste Eiszeit: vor ca. 3,2 bis 2,6 Mio Jahren. Im ganzen Great-Rift-Tal wurde das Waldland weggefegt und durch offene Steppe ersetzt; eine Wildnis aus Sand und Kies. Dorngestrüpp war das Land, in dem sich das Gehirn des ersten Menschen entwickelte. Die Dornenkrone war keine zufällige Krone.

Wie die Knochenfunde beweisen, war die Gattung Dinofelis oder „falscher Säbelzahntiger“ bestens ausgerüstet zur und wahrscheinlich sogar spezialisiert auf die Jagd nach Primaten.

Im Transvaal sind die Winternächte kalt; so kalt, dass die Anzahl der Paviane im „High Veldt“ noch heute durch die Anzahl von Höhlen und Schlupfwinkeln, in denen sie schlafen können, begrenzt ist. Zur Zeit der ersten Eiszeit hat es möglicherweise hundert Frostnächte im Jahr gegeben. Das bedeutete für die Vorfahren des Menschen, sich ohne Feuer, ohne Wärme, nachtblind zusammenzudrängen. In den gleichen Höhlen, in denen funkeläugig der Dinofelis lauerte.

Im „King Lear“ heißt es: der Fürst der Finsternis ist ein Edelmann. Offensichtlich verdanken wir dieser Bedrohung unsere Intelligenz. Feuer ist nützlich gegen Wildkatzen. Speere noch viel mehr (Ursprung der Drachenlegenden?)

In den höheren Schichten der Ausgrabungsstätte Starkfontain und Swartkrans ist der Mensch zugegen. Er hat die Oberhand und die räuberischen Tiere sind nicht mehr bei ihm.

Es besteht also eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Dinofelis die erste Tierart bildete, die von uns ausgerottet wurde. Vielleicht brachte er uns das Töten sogar bei… Und so steckt in der heute noch im menschlichen Wesen vorhandenen Faszination angesichts des „Bösen“ – wenn wir von ihm nicht gerade persönlich attackiert werden – vielleicht auch die nostalgische Sehnsucht nach dem wilden Tier, das wir verloren haben. War es nicht um vieles „schöner“ als der so ungelenk daherkommende, scheinbar schlecht konstruierte Mensch?

Schon um des Mitgefühls willen ist es notwendig, das Böse zu bekämpfen. Dies fällt eurem Jott Fuchs – im realen Leben wie auch in den Geschichten, mit denen er euch unterhalten will – auch leicht, solange das Übel plump, dumm und kurzsichtig daherkommt. Doch angesichts eines gut aussehenden Magiers, eines Vampirs mit Tischsitten oder eines charmanten Kriegers gerät er, bezogen auf beide Geschlechter, durchaus in Versuchung.

Möglicherweise steckt also auch ihm noch der Dinofelis in den Knochen. Denn wer wäre nicht dem Fürsten zutiefst dankbar, wenn er sich mit einer eleganten Verbeugung verabschiedet?

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